Jedes Jahr im Januar werden die an unserer Schule angemeldeten schulpflichtigen Kinder zu den Pädagogischen Aufnahmeuntersuchungen eingeladen. In den Gruppenaufnahmen stehen die leibliche, seelische und geistige Schulreife und Schulfähigkeit der Kinder im Mittelpunkt. Die Untersuchungen erfolgen durch unser Aufnahmekollegium.
Kurz vor den Sommerferien erfolgt dann eine zweite Untersuchung zur Schulreife durch das Ärzteteam des Landkreises Verden unter der Leitung von Dr. Birgit Fredershausen.
Als eine zentrale Aufgabe auch dieser Untersuchung sollen die zukünftigen Schulanfänger einen Menschen malen und eine vorgegebene Abfolge grundlegender geometrischer Formen nachzeichnen.
In den letzten Jahren konnten die Ärztinnen des Fachdienstes beobachten, wie der zunehmende Medienkonsum (TV, PC, Wii, Playstation, X-Box) starke Auswirkungen auf das Erfassen des eigenen Körperschemas, der Konzentrationsfähigkeit, der Motorik, der Konzentrationsfähigkeit, u.v.m. der Kinder hat.
Die hier abgebildeten Zeichnungen zeigen die Unterschiede zwischen Kindern mit starkem bzw. geringem Medienkonsum. (Die anonymisierten Beispiele stammen nicht aus den Eingangsuntersuchungen unserer Schule).
Der Fachdienst Gesundheit und Umweltmedizin hat nun eine Broschüre „Tipps zum Schulstart“ herausgegeben. Hier erhalten die Eltern konkrete Tipps und Orientierungshilfen für den Umgang mit Medien, zu Fragen der Ernährung und Bewegung, sowie zur sinnvollen Vorbereitung des Schulanfangs. Die Broschüre kann über den Fachdienst Gesundheit und Umweltmedizin bezogen werden. Sie ist kostenlos.
Im Folgenden beantwortet Dr. Birgit Fredershausen einige Fragen zum Thema „Medien“:

Frage: Frau Dr. Fredershausen, es dürfte mittlerweile weithin bekannt sein, dass übermäßige TV/PC Nutzung bei Kindern zu Bewegungsmangel und Übergewicht führt. Hat ein starker Medienkonsum noch weitere Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes?

Birgit Fredershausen: Ja, ganz klar. Ein starker Medienkonsum wirkt sich weiter negativ auf das Sprachvermögen, auf die Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit eines Kindes aus. Auch der Geschmacks-, Geruchs- und vor allem der Tastsinn, mit dem Kinder die Welt ‚begreifen‘, bleibt ungenutzt. Auch soziale Fähigkeiten können diese technischen Geräte nicht vermitteln. Im Gegenteil: oft werden Kinder überfordert, sind anschließend verängstigt und gereizt.

Frage: Dennoch sind TV und PC aus unserer Welt – und damit aus der Welt der Kinder – nicht mehr wegzudenken. Was empfehlen Sie Eltern im Umgang mit diesen Medien?

Fredershausen: Es gibt „goldene Regeln“, an denen man sich orientieren kann. Fakt ist, Verbote helfen nicht, führen eher zu Trotz oder zu einer Aufwertung von TV und PC. Dennoch sollten dem Grenzen gesetzt werden, die von Experten so definiert werden: Kinder unter drei Jahre sollte man möglichst vom Fernsehen fern halten, Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren sollten maximal 30 Minuten Medien nutzen und Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren maximal 45 Minuten. Auf keinen Fall sollte man die „Glotze“ einfach nur laufen lassen. Und grundsätzlich gilt: Viel Fernsehen ist eine Art Hilferuf, eine Realitätsflucht, die professionelle Hilfe, beispielsweise in einer Erziehungsberatung, notwendig macht.

Frage: Das heißt, wahlloses Fernsehen oder gar Computerspiele sind tabu?

Fredershausen: Ganz klar, ja! Für die älteren Kinder müssen die Eltern dann eventuell gezielt geeignete Kindersendungen oder Computerspiele je nach Alter und Entwicklungsstand auswählen und vor allem: Kinder nicht allein vor dem Fernseher oder Computer lassen!

Frage: Aber der Fernseher wird doch sehr gerne als „Babysitter“ eingesetzt, weil die Kleinen dann abgelenkt und „ruhig“ sind.

Fredershausen: Das sollte aber möglichst nicht so sein! Besonders jüngere Kinder brauchen die Anwesenheit von Geschwistern, Freunden, Erwachsenen. Kinder erfahren so, wie andere denken und wie sie empfinden und können sich mit ihnen darüber austauschen. Der Bezug zur Wirklichkeit darf nicht verloren gehen.

Frage: Wie können die Eltern den Medienkonsum ihrer Kinder begleiten?

Fredershausen: Kinder nehmen Filme und PC-Spiele anders wahr als Erwachsene. Sie brauchen Zeit zur Verarbeitung der Gefühle. Deshalb sollten die Erwachsenen die Reaktionen des Kindes während und nach der Sendung beobachten. Auch Nachspielen, Gespräche und Kuscheln können bei der Verarbeitung einer Sendung helfen.

Frage: Was halten Sie von einem freiwilligen fernseh- oder computerfreien Tag in der Woche?

Fredershausen: Sehr viel. Man kann so viel anderes erleben, zum Beispiel gemeinsam Spielen, Vorlesen, Basteln, Ausflüge machen – Kinder wollen am liebsten frei spielen, vor allem mit anderen Kindern. Oder Kinder und Erwachsene arbeiten gemeinsam in der Küche, backen Plätzchen, waschen das Geschirr ab, fegen den Fußboden, schmieren beispielsweise Brote gemeinsam, decken den Tisch oder hängen zusammen die Wäsche auf oder sie werkeln zusammen im Garten, zupfen Wildkräuter, harken Laub, pflücken Früchte, Blätter, bürsten das Haustier. All das stärkt bei Vorschulkindern die Vorbereitung auf das „schulische Lernen“. Denn hier schulen die Kinder alle Sinne!


Frage: Ab welcher Altersstufe können Eltern einen Medienkonsum ihrer Kinder zulassen?

Fredershausen: Grundsätzlich gilt, dass Kinder unter zwölf Jahren keinen eigenen Fernseher oder Computer haben sollten. Die dadurch notwendigen Absprachen mit den Eltern verringern den Konsum schon mal deutlich. Und schon gar nicht gehören TV und PC in ein Kinderzimmer. TV/PC müssen sich dem normalen Tageslauf einer Familie unterordnen und nicht umgekehrt! Die Eltern bestimmen und setzen die Grenzen!