Eine Reflexion von Magda Kacicnik

Zurückblickend können wir uns freuen, dass wir unseren Abschluss überstanden haben und geleichzeitig dankbar sein für alles, was wir in diesem Jahr erlebt und erfahren haben. Es war wieder ein ereignisreiches und bereicherndes Jahr für alle Seminaristen.
Wir haben uns regelmäßig jeden Dienstag getroffen und in der Regel noch einmal im Monat an einem Wochenende. Dienstags fing das Seminar mit dem rhythmischen Teil an. Wir vertieften uns entweder in die Gefühlswelt der Eurythmie oder schärften unser Rhythmusgespür und unsere Improvisationsfähigkeiten im Sprache/Theater-Kurs oder aber wir schnauften und schwitzten bei der Bothmer-Gymnastik. Es machte Spaß, mit unseren „Erstklässlern“ (fünfter Kurs) den gemeinsamen Raum mit Vokalen und Konsonanten zu erfüllen. Unter dem munteren Taktstock der Eurythmistin glitten wir mit unseren Seelengebärden fröhlich über das Parkett. Genauso belebend waren die Tänze, (Tapp-Stampf- und Klatschspiele), die wir mit unserem Bewegungscoach machten. Durch Improvisation lernten wir unsere Temperamente und die der anderen kennen, um später in der Klasse die Schüler besser verstehen und unterrichten zu können. Die Sportlehrerin weckte in uns das Bewusstsein für unseren Körper. Wir wurden mit den Schwächen und Stärken konfrontiert, erfuhren, wie wir ihn beherrschen können und wann wir auch loslassen sollten.
Im zweiten Teil des Seminars beschäftigten wir uns mit inhaltsreichen anthroposophischen Themen. Zusammen mit dem Experten verinnerlichten wir die hinreißenden Erkenntnisse Rudolf Steiners, die er in der Allgemeinen Menschenkunde niedergeschrieben hatte. Wann ist der Mensch bewusst bei sich und wann ist er nur träumend anwesend, wie sind das Denken, Fühlen und Wollen verbunden, und wie kann man sie steuern, wenn das überhaupt geht. All das dient der Selbsterziehung, die für LehrerInnen enorm wichtig ist.
Der Entwicklungsgedanke sorgte bei uns für viel Aufregung. Der Dozent erwartete uns immer mit einer brennenden Kerze und seiner Leidenschaft für den Lehrerberuf. Die Entwicklung des Lehrers und des Kindes, die „Mondknoten“ und Bertold Brechts „Als er Siebzig war und war gebrechlich“, standen im Mittelpunkt unserer Treffen. Diese emotionalen Stunden berührten unsere Gemüter.
Im letzten Semester wurden wir liebevoll durch unsere verborgenen Innenwelten geführt. Wie kann der Lehrer den stressgeplagten Schulalltag besser bewältigen? Einfach unbezahlbar sind die Ratschläge, Meditationsübungen, die Nebenübungen und das bodenständige, natürliche Menschenbild, das wir engagiert vermittelt bekamen.
Die Heilpädagogik ist ein unglaublich spannender Bereich, der uns mitriss ungeachtet ob wir an heilpädagogischen Schulen tätig werden. Wir haben viel darüber gelernt, wie der Lehrer reagiert, wenn die Kinder „unartig“ sind, oder was der Lehrer tun kann, um den Kindern zu helfen, ihre Ängste zu überwinden. Die beiden Dozenten berichteten über ihre Erfahrungen mit behinderten Kindern in ihrer Schule.
Eine Zeit lang beschäftigten wir uns mit dem Unterrichtsstoff der Oberstufenklassen und machten uns mit dem Deutsch-, Geschichts-, Biologie-, Chemie- und Matheunterricht vertraut. Wir schrieben kleine Gedichte, untersuchten alte Knochen, staunten über die Springbockgazellen, beobachteten staunend kleine Experimente und versuchten, durch das geometrische Zeichnen, die mathematischen Gesetze zu verstehen.

Im dritten Teil unseres Dienstagsseminars tauchten wir ganz in den Unterricht an Waldorfschulen ein. Unsere Dozenten verrieten uns manche Geheimnisse darüber, was bei den Kindern in welchem Alter wirkt und was nicht. Auf unseren Wunsch wurde über die Methodik und Fachdidaktik gesprochen. Wir schmunzelten und lachten und erlebten unsere Schulzeit nach, als wir die Geschichten aus dem Unterricht von hörten. Wir zeichneten Tafelbilder, die die Schüler am nächsten Morgen beim Hauptunterricht empfingen. Alles andere, was ich hier nicht erwähnt habe, bleibt in unseren Notizen und Herzen.
Darüber hinaus nahmen wir auch an den Wochenendseminaren teil. Die Saison eröffnete das Seminar Stoff als Entwicklungsbegleiter. Die Entwicklung der Menschheit, die kindliche Entwicklung und die darauf basierende Unterrichtsplanung und dessen Verlauf wurden erarbeitet.
Die anfangs skeptisch betrachtete Projektive Geometrie öffnete uns die Augen für das spiegelnde Unendliche, für Polaritäten in der Schule und für die Formverwandlungen.
Das Wochenende, als wir Kinderköpfe und Menschengestalten plastizierten war wieder eine Wonne. Es war harte, aber beglückende Arbeit.
Beim Sprachgestalter drehte sich alles um die Sprache. Durch verschiedene Sprachübungen und das Rezitieren der Gedichte lässt sich unsere Sprache biegen. So werden die Seelen anderer berührt.
Das Seminar Sozialgestalt war für uns sehr wichtig und nützlich, weil es dabei um die Schulorganisation und um das ganzheitliche Verstehen der zwischenmenschlichen Kommunikation ging. Leider war die Zeit für Einblicke in die Zwischenbeziehungen der Schüler, Eltern, Lehrer und des Kollegiums zu kurz.
Beim Seminar Erde, Mensch, Kosmos wurde veranschaulicht, wie wichtig die drei Fächer: Gartenbau, Eurythmie und Religion für die Kinder sind, obwohl sie im Schulalltag eher im Hintergrund stehen. Besonders in dieser konsumorientierten Zeit müssten die Kinder und auch wir eine Beziehung zum Lebendigen erleben, erlernen und gestalten. Am gleichen Wochenende hatten wir auch ein eintägiges Seminar Medizinischer Blick, bei dem wir etwas über die körperliche Entwicklung der Kinder in unterschiedlichen Lebensaltern erfuhren.
Medien sind heutzutage auch Teil des Schulalltags. Das Thema wurde kurz aufgegriffen. Wie oft und welche Medien sollten im Unterricht eingesetzt werden, oder sollte darauf verzichtet werden? Dieses Thema wird uns zukünftig sicher noch beschäftigen.
Und letztlich hörten wir etwas über das Thema Förderarbeit im und außerhalb des Unterrichts. Ganz tolle Ideen und Anregungen wurden uns mit auf den Weg mitgegeben.
Zusätzlich dazu konnten wir an ein paar anderen Vorträgen teilnehmen und unternahmen auch eine Exkursion auf den Demeter-Bauernhof in Wörme (Nordheide).
Das zweite Ausbildungsjahr des IWO-Seminars war intensiv und tiefgreifend und leitet einen schönen Übergang zum ausübenden Lehrerberuf oder zur LiP-Ausbildung ein. Voller Neugier, Vorfreude und Spannung blicken wir auf unsere Zukunft an der Waldorfschule.

Zur Autorin:
Ich wurde 1979 in Celje, Slowenien geboren. An der Philosophischen Fakultät in Ljubljana studierte ich Übersetzen (Englisch und Deutsch). Danach arbeitete ich abwechselnd als Übersetzerin und Sprachlehrerin und kam dabei in Berührung mit Kindern und Erwachsenen, was mich sehr prägte. Vor drei Jahren kam ich nach Deutschland, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Im Juli habe ich das Waldorflehrerseminar in Ottersberg abgeschlossen und fange bald an, Englisch zu unterrichten.